Die Uniformierung der Infanterie des Deutschen Reichsheeres - 1871 – 1914. X. Teil - Bayern (ohne Jäger)
Die bayerische Infanterie (ohne Jäger).
Der erste Teil dieser Reihe hat allgemein die Uniformierung der preußischen Infanterie - 1842 – 1914 zum Thema.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit den besonderen Merkmalen der Uniformierung der Garde- und Linien-Grenadier-Regimenter (IR Nr. 1 - 12).
Der dritte Teil ist den preußischen Linien-Infanterie-Regimentern (Musketier-/ Füsilier-Regimenter) gewidmet.
In weiteren Teilen werden die Besonderheiten derjenigen Einheiten behandelt, die in die preußische Armee (nach 1866) aufgenommen worden sind bzw. durch besondere Uniformmerkmale an bestimmte (außerpreußische) Traditionen anknüpften (z. B. das IR 92 - Braunschweig - oder die badischen, hessischen und mecklenburgischen Einheiten).
In weiteren Beiträgen wird die sächsische, württembergische und bayerische (wie hier) Infanterie vorgestellt, die in Friedenszeiten (relativ) eigenständigen Kontingenten angehörte.
Den Abschluss bilden Beiträge über die Jäger und Schützen und über die ab 1901 gebildeten Maschinengewehr-Abteilungen.
Bayern stellte im Reichsheer mit seinen 3 Armeekorps (I.-III.) ein in sich geschlossenes Kontingent mit zahlreichen Besonderheiten. 1914 bestanden 24 bayerische Infanterie-Regimenter, darunter das (Leib-)Infanterie-Regiment in München. Dieses hatte Garderang. Fotograf: Ludwig Müller/ München.
Es existierten 24 bayerische Infanterie-Regimenter (Infanterie-Leib-Regiment und die Regimenter Nr. 1 - 23).
Die Infanterie-Regimenter zählten 3 Bataillone, nur das 22. und 23. Infanterie-Regiment verfügten nur über zwei Bataillone. Die Kompanie befehligte ein Hauiptmann.
Anmerkungen zum obigen Foto.
Deutlich wird die Verschiedenartigkeit der bayerischen Infanterie zur übrigen Infanterie des deutschen Reichsheeres. Das äußere Erscheinungsbild wurde vor allem durch die hellblaue Grundfarbe der Waffenröcke und Hosen sowie der besonderen Kopfbedeckung geprägt.
Bis 1886 trug die bayerische Infanterie den klassischen Raupenhelm. Dessen Vorläufer wurde um 1799 eingeführt.
Der Raupenhelm – auch Helm geheißen – hatte einen ledernen Sturmriemen und eine Schiene um den Augenschirm. Der Sturmriemen wurde von Löwenköpfen gehalten. Als Zierrat zeigte er das gekrönte L. Das Emblem bestand aus Messing. Auch das Leib-Infanterie-Regiment führte am Raupenhelm gelbe Beschläge.
Unteroffiziere hatten – auch beim Leib-Infanterie-Regiment - glatte Tressen. Der typische schwarz-lackierte Helm aus Leder trug als Emblem das – von 2 Löwen gehaltene – bayerische Wappen, mit dem Spruchband: In Treue fest.
Die Pickelhaube nach preußischem Muster hatte 1886 den bayerischen Raupenhelm abgelöst. Die bayerische Variante behielt lange die altertümliche Form mit Kreuzblattbeschlag und eckigen Augenschirm, die Offiziere behielten diese Ausführung bis 1914. Ab 1914 (Februar) wurde eine deutlich kleinere Ausführung des Helmzierrats eingeführt. Im Übrigen war der Beschlag stets gelb, nur nicht beim Leib-Infanterie-Regiment.
Die bayerischen Offiziere trugen Helme alter Probe, d.h. mit eckigem Vorderschirm. Das Wappen nahm fast die gesamte Vorderseite des Helmes ein. Die sechsfach gekehlte Spitze saß auf einem Kreuzblatt, welches durch Sternschrauben am Helmkorpus befestigt war.
Schirmmützen wurden von Mannschaften nur außerdienstlich getragen, im Dienst nur von Offizieren bzw. von den Unteroffizieren mit dem Rang eines Feldwebels.
Das Kastenschloss von Messing hatte ein neusilbernes Schild mit Krone und der Umschrift: IN TREUE FEST.
Einige Regimenter hatten auf den Achselklappen Namenszüge, so das 1., 2., 3., 6. und 10. Infanterie-Regiment.
Die Infanterie trug ab 1892 hellblaue Litewken, die ab 1893 Klappkragen und hellblaue Schulterklappen mit gelb gestickter Nummer erhielten. 1896 kamen hochrote Kragenpatten hinzu. Am Kragen sind die Unteroffizierstressen deutlich sichtbar. Diese verliefen bis 1901 um den oberen Rand des Klappkragens.
Anmerkungen zum obigen Foto.
Rechts vorn bayerischer General mit Helm mit Busch aus weißen, innen blauen Federn. Der Helm hatte silbernen Beschlag und gewölbte Schuppenketten.
Beachtenswert ist auch die hier sichtbare besondere silberne Kragenstickerei.
Der bayerische Paletot entsprach im Übrigen im Schnitt dem sächsischen Modell.
Anmerkungen zum obigen Foto.
Mittig: Unteroffizier. Offiziere und Unteroffiziere hatten weiße Handschuhe aus Tuch oder Leder. Soweit Mannschaften solche zum Ausgehanzug trugen, handelte es sich um private Stücke. Im Dienst waren ab 1878 bei kalter Witterung grau melierte Fausthandschuhe vorgeschrieben.
Anmerkungen zum obigen Foto.
Gut zu sehen sind die Tornister mit dem aufgeschnallten Kochgeschirr. Die bayerische Infanterie trug ab 1887 das reichseinheitliche Tornistermodell, welches zur Erleichterung durch an den vorderen Patronentaschen eingehakten Hilfstrageriemen zusätzlich gehalten wurde. Ein Infanterist vorn hält die Feldflasche in der Hand, an der – wie hier - ein verzinnter Becher aus Blech angeschnallt werden konnte. Die gläsernen Feldflaschen waren 1892 durch solche aus Aluminium abgelöst worden. Als Patronentaschen wurden ab 1876 die preußischen Modelle geführt.
Seit der Frühzeit der Uniformierung der bayerischen Armee (ab 1670) war die Grundfarbe blau (ab 1799 hellblau) für die Infanterie bis 1914 charakteristisch. Mütze, Waffenrock und Hose waren hellblau, Besatzstreifen, Vorstöße, Kragen, Ärmelaufschläge mit Patten hochrot.
Tambours und Hornisten – Querpfeifer gab es nicht – waren durch mit gelben Borten besetzten Schwalbennestern gekennzeichnet.
Übrigens hatten die bayerischen Signalhörner kein aufgelegtes Wappen.
Der Musikmeister war der Leiter des Musikkorps, stand im Rang höher als die Feldwebel und trug im Grunde eine Uniform wie die Offiziere, also ohne Tressen. Der Waffenrock wies (ab 1908) Schulterstücke mit besonderen Bortenbesatz auf. Gut erkennbar ist auch die Leibbinde besonderer Probe.
Die Lyra bestand aus einem lyraähnlichen Gestell mit vertikal zweireihig angebrachten Metallplatten, die mit einem Metall- oder Holzhämmerchen bespielt wurden. Es handelte sich um ein effektvolles Schauinstument, hier mit angebrachten bayerischen Staatswappen ausgestattet. Ganz Links: B- und F-Tuba.
Anmerkungen zum obigen Foto.
Vorn Stabsoffizier, ganz rechts Adjutant mit über der rechten Schulter zur linken Hüfte hin getragenen besonderen Adjutantenschärpe. Zwei Offiziere tragen Feldbinden. Das Schloss der Feldbinde war je nach Knopffarbe silbern oder golden. Es zeigte die Königskrone und hatte einen Lorbeerkranz als Randeinfassung.
Verwendet wurden hellblaue Sattelunterlegdecken. Diese hatten einen hochroten (beim Leib-Infanterie-Regiment: weißen) Besatzstreifen.
Das Sattelfell wurde ab 1890 nur noch zu Paraden verwendet, ab 1910 wurde es gänzlich abgeschafft.
Anmerkungen zum obigen Foto.
Bewaffnet sind die Soldaten mit dem Gewehr 88. Dieses Gewehr wurde im Jahre 1888 als Ordonnanzwaffe des Deutschen Heeres angenommen. Die Bezeichnung leitet sich von der Jahreszahl ab. Für das Gewehr 71/84 führte der Soldat noch in den beiden vorderen Patronentaschen je 30 Patronen und in der hinteren 60 Patronen mit sich. Insgesamt standen also 120 Patronen zur Verfügung. Mit den kleineren Patronen des neuen Modells waren es mehr, nämlich insgesamt 170.
Das Leib-Infanterie-Regiment (Stiftungstag: 16.07.1817) hatte auf den einfachen Ärmelaufschlägen weiße senkrechte Litzen. Die Aufschläge waren weiß vorgestoßen. Die Achselklappen zeigten eine Krone auf gelbem Tuch.
Die Feldmütze war aus hellblauem Tuch mit hochroten Besatzstreifen und eben solchem Vorstoß um den Deckelrand.
Die Knöpfe am Waffenrock dieser Einheit waren von Nickel bei den Mannschaften und versilbert bei den Offizieren und zeigten eine aufgeprägte Krone. Am Mantel waren die Knöpfe glatt. Fotograf: B. Dittmar/ München. Fotoaufnahme 1895.